FOBO und Unconscious Biases - Hintergründe und Maßnahmen

FOBO als Problem in Unternehmen

FOBO in Unternehmen spielt bei der Qualität von Entscheidungen eine wichtige Rolle. Diese „Fear of Better Options“ kann sich stark darauf auswirken, ob bzw. wann Entscheidungen getroffen werden – näheres zu FOBO in Unternehmen unter dem Link.

Es spielen auch einige Unconscious Biases in dieses Thema hinein – welche sind zu beachten und wie können wir ihnen am besten begegnen?

Ich habe in großen Unternehmen erlebt, welche Faktoren bei wichtigen Entscheidungen eine Rolle spielen. FOBO war immer wieder zu beobachten, allerdings hatten wir zunächst nur rudimentäre Gegenstrategien. 

Es zahlt sich aus einige zentrale Biases zu kennen, die hier aktiv sind - so können Lösungsansätze gesucht werden,


Das Auswahlparadox - ein Problem vor allem für "Maximierer"

FOBO hängt sehr eng mit dem Auswahlparadox zusammen (englisch „overchoice“ bzw. „choice overload bias“. Vereinfacht lässt es sich damit beschreiben, dass zu viele Entscheidungsalternativen die Entscheidungsfindung behindern. Ein Weniger an Optionen ist in dem Fall mehr.

Dieses Paradoxon steht mit der intuitiv richtigen und umfassend vorhandenen Annahme im Zusammenhang, dass mehr Auswahl mehr Freiheit bedeutet. Und diese Freiheit wird in der Regel positiv gesehen. Es hat sich jedoch in Studien gezeigt, dass ein Mehr an Möglichkeiten Entscheidungen erschwerten bzw. die Zufriedenheit mit ihnen sinken ließ. Eine Nicht-Entscheidung resultiert ebenfalls regelmäßig daraus, der Effekt äußert sich primär in einer Überforderung aufgrund der Anzahl wahrgenommener Möglichkeiten. Ähnlich wie bei FOBO sind „Maximierer“ besonders betroffen, daher Personen mit dem Bedürfnis die bestmögliche Entscheidung zu treffen (und nicht nur eine, die „gut genug“ ist). 

Nach diesen Parallelen zu FOBO besteht bei letzterem der Effekt darin über die vorhandenen Optionen hinauszugehen. Es besteht die Furcht die richtige Alternative noch nicht zu haben.

Eine Verbindung ist ebenfalls in der allseits breit ausgeprägten Verlustaversion (englisch „loss aversion“) zu sehen. Bei dieser spielen nicht nur bereits real bestehende Zustände eine Rolle, sondern auch angestrebte. Das Ergebnis der Entscheidung soll ja möglichst gut sein – das ist die Erwartung an sie. Dieser erstrebte Zustand ist in der Wahrnehmung gefährdet, was sich in der Furcht vor einer besseren Option äußert.

 

 

Der Unterlassungseffekt reduziert die Geschwindigkeit

Welche Handlungen wiegen schwerer – die man getan hat oder die man unterlassen hat? Im Falle von möglicherweise mit negativen Folgen verbundenen Taten tendieren Menschen zur Unterlassung – daher die Bezeichnung Unterlassungseffekt (englisch „omission bias“).

Der Hintergrund dafür ist, dass die eigene Verantwortung für ein negatives Resultat als schwerer wahrgenommen wird, wenn man es aktiv herbeigeführt hat. Das Nicht-Verhindern desselben Resultats durch Unterlassen wird demgegenüber weniger negativ beurteilt. Dieser Bias in der Wahrnehmung kann dazu führen im Zweifelsfall keine aktive Handlung zu setzen, daher nichts zu tun. Die Verantwortung für das Ergebnis wiegt subjektiv weniger stark. Dazu kommt, dass wir einen stärkeren Zusammenhang von Resultaten mit gesetzten Handlungen wahrnehmen als mit unterlassenen. Diese Verzerrung verstärkt diesen Effekt zusätzlich.

Bezogen auf FOBO kann dies bedeuten Entscheidungen im Zweifelsfall zu verzögern bzw. nicht zu treffen. Es wird so keine aktive Handlung gesetzt, die möglicherweise zu einem suboptimalen Ergebnis führt. Dass Nichtstun eventuell noch problematischer sein könnte, spielt hier subjektiv nur eine untergeordnete Rolle.

 

 

Entscheidungsmüdigkeit - nichts geht mehr

Entscheidungsfindung strengt an, unser „System 2“ ist stark gefordert – insbesondere in komplexen Themenstellungen wie in Unternehmen. Der Effekt ist eine mögliche Entscheidungsmüdigkeit (englisch decision fatigue), bei der keine ausreichenden Ressourcen für eine adäquate Entscheidungsqualität mehr vorhanden sind.

In Verbindung mit FOBO kann sich dies in zweifacher Hinsicht äußern:

  1. Es bestehen aufgrund vom mentalen Erschöpfungszuständen von vornherein her keine passenden Ressourcen für die neue Entscheidung (mit vielen Optionen). Dies resultiert leicht darin im Prozess verschiedenste Shortcuts zu verwenden, die in wenig bewusste Entscheidungsfindung münden. Es besteht daher a priori bereits eine stärkere Anfälligkeit für verschiedenste Biases.
  2. Im Zuge der neuen (Optimierungs)Entscheidung gibt es viele Optionen, in der subjektiven Wahrnehmung jedoch möglicherweise bessere. FOBO kann hier Entscheidungsmüdigkeit bewirken mit dem Effekt, dass die Entscheidung vertagt wird. Es gibt hier einen engen Konnex zum Auswahlparadox, das die mentale Anstrengung sowie die Unzufriedenheit mit den bestehenden Optionen verstärken kann.

 

Ein häufiger Ausgang von Entscheidungsprozessen bei Vorhandensein von „decision fatigue“ ist, dass die „default option“ gewählt wird – daher die Option, die von Vornherein besteht. Dies wird in der Regel sein keine der vorhandenen Optionen aktiv zu verfolgen, daher nichts zu machen.


 

 

Gegenmaßnahmen bei FOBO und den relevanten Biases

Effektives De-Biasing setzt individuell an, da die Kombination der verschiedensten Unconscious Biases sowohl individuell als auch in Organisationen verschieden ausgeprägt ist.

Nichtsdestotrotz bieten sich folgende Maßnahmen an, um die mit FOBO verbundenen Biases zu adressieren:

  • Optionen einengen – um der Überforderung unseres Gehirns zu begegnen, empfiehlt sich in komplexen Entscheidungen die Optionen schrittweise zu reduzieren. Hier können digitale Tools ebenso effektiv sein wie strukturierte Prozesse, die „Gatekeeper“ Rollen beinhalten oder Methoden wie den paarweisen Vergleich von Optionen, um vorab auszuselektieren. 
  • Klare Kriterien anwenden – sehr breite oder unpräzise Kriterien führen dazu, dass mehr Optionen als nötig als sinnvoll erscheinen. Je nach Problemstellung empfiehlt sich am Anfang jedes Entscheidungsprozesses ein möglichst exaktes Profil der Lösungskriterien festzulegen und diese konsequent anzuwenden.
  • Fixe Zeitbudgets definieren – insbesondere das Studieren der Optionen kann sich zeitlich sehr ausweiten, insbesondere wenn es mit dem Entscheidungsprozess direkt verbunden ist. Anstatt einem „Hin und Her“ sollte der Analyse- und Lernteil mit einer konkreten Deadline versehen sein sowie sich ausschließlich der Prüfung der Optionen widmen. Erst danach sollte der Prozess in Richtung Entscheidungsfindung weitergehen.
  • Erwartungen managen – bei manchen Personen besteht die Tendenz ausgeprägter ständig neue Optionen in den Auswahlprozess einzufordern. Man kann hier offen das Risiko von FOBO ansprechen sowie die Wichtigkeit des zu erreichenden Ziels immer wieder ins Gedächtnis rufen.
  • Entscheidung einfrieren – sobald die gewählte Option „den Zuschlag erhalten“ hat, sollte sie akzeptiert und unverändert bleiben. Ohne Commitment besteht ansonsten das Risiko, dass sich Zweifel und Furcht das Falsche gemacht zu haben durchsetzen – mit dem Resultat von vorne zu starten.


Wie kann ich das Thema weiter nehmen?

FOBO ist ein wichtiger Faktor in verschiedensten Konstellationen – das Phänomen ist mit verschiedenen Unconscious Biases verknüpft und kann durch diese verstärkt werden.

Jede Organisation ist gut beraten sich adäquate Prozesse zur Entscheidungsfindung zu definieren, bei denen das Risiko dieser negativen Effekte möglichst stark zu reduzieren. Mehr dazu erfahren Sie im Angebot Entscheidend besser.